Jung, pleite, hemmungslos by Dirk Schiller

Jung, pleite, hemmungslos by Dirk Schiller

Autor:Dirk Schiller
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Gmünder
veröffentlicht: 2018-11-15T00:00:00+00:00


Der nächtliche Besucher

In dieser Nacht sind aber auch noch zwei andere Sachen passiert. Nachdem ich Persa mit dem norwegischen Seebären hatte abziehen lassen, wollte ich mein Glück noch einmal im großen Kinosaal versuchen und stieß dort auf keinen Geringeren als Martijn Stoffers, den Geschäftsführer meines Vaters, der mit ausgestreckten Beinen in der ersten Reihe saß und gerade dabei war, sich mit einem Joint im Mundwinkel gemütlich einen runterzuholen. Wobei es mit der Gemütlichkeit ziemlich schnell vorbei war, als er mich sah. Stattdessen sprang er panisch auf und machte ernsthaft Anstalten, die Kippe wie ein ertappter Fünfzehnjähriger hinter seinem Rücken zu verstecken.

'Ich bitte dich, Martijn', sagte ich zur Begrüßung. 'Wir beide haben doch schon lang keine Geheimnisse mehr voreinander.' Ich ließ mich auf einen leeren Platz fallen, dann klopfte ich auf den Sitz rechts von mir. Tatsächlich setzte er sich nach kurzem Zögern neben mich, auch wenn man ihm deutlich ansehen konnte, dass er am liebsten schreiend davongerannt wäre.

'Urlaub?', fragte ich nach einer Weile, und er nickte. 'Und deine Familie geht dir auf den Geist?'

'Eher dein Vater, der mir 30 Mails am Tag schreibt.'

Sah meinem Alten mal wieder ähnlich. Absolut nichts auf die Reihe kriegen, aber dann die Leute, die Ahnung haben, mit klugen Ratschlägen belästigen. Martijn zog an seinem Joint und hielt ihn dann mir entgegen, was ich in Anbetracht unserer bisherigen Geschichte für eine fast schön rührende Geste hielt. Ich winkte trotzdem ab. Keine Macht den Drogen.

'Es geht ihnen übrigens beschissen', sagte er nach einer Weile. 'Deinen Eltern. Haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um dich zu finden. Ich meine, falls dich das interessiert.' Ich war mir nicht sicher, ob es mich interessierte. Trotzdem spürte ich auf einmal einen Kloß im Hals. 'Sind sogar zu einer Wahrsagerin gerannt, aber die hat ihnen gesagt, sie hätten dich für immer verloren. Deshalb will deine Mutter sie jetzt verklagen.'

Oh Mann, Mama!, dachte ich.

'Und deine Schwester … Kathrin?'

'Katharina.'

'Wie auch immer. Sie hat eine Facebook-Gruppe gegründet, über die sie dich suchen.'

'Und die Bullen?', fragte ich mit belegter Stimme.

'Die Polizei unternimmt gar nichts. Hast ja einen Abschiedsbrief hinterlassen, also haben sie eine Straftat ausgeschlossen. Und volljährig bist du auch. Also …'

Um mich abzulenken, riskierte ich schnell einen Blick auf Martijns Schwengel, der ihm noch immer aus der Jeans ragte. Es war eines dieser Modelle, die knapp tausend Euro kosteten und die reiche Leute sich kauften, wenn sie wie echte Menschen, aber trotzdem nicht wie arme Schlucker aussehen wollten. An Martijns Schwanz jedenfalls hätte man einiges zu schlucken gehabt. Ich griff danach und wichste ihn ein bisschen. Er ließ es geschehen und nahm so lange einen weiteren tiefen Zug. Ich überlegte, ob ich ihn dazu bringen könnte, mit mir ins Hotel zu kommen. Heiß genug fand ich ihn auf jeden Fall. Und bei ihm wäre für den Boss auch einiges zu holen gewesen. Ich wusste ja, wie viel mein Vater diesem international gerühmten Krisenmanager bezahlte, den sich Firmen auf der ganzen Welt ins Haus holten, wenn sie mit dem Rücken zur Wand und bis zum Hals in der Scheiße standen.



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